Die Komposition des Moments

29.10.2019
SVZ - Ludwigsluster Tageblatt
Schüler der Musikschule Ludwigslust machten in einem Workshop erste Erfahrungen mit der Improvisation
 
Tina Wollenschläger
Ludwigslust

Tiefe Basstöne durchdringen rhythmisch den Flur der Musikschule „Johann Matthias Sperger“ in Ludwigslust. Darüber lang gestreckte Töne der E-Gitarre. Vereinzelt sind die Klänge eines Saxofons hörbar. Doch ohne erkennbare Melodie. Eher an das „Einstimmen“ der Musiker vor Beginn eines klassischen Konzerts erinnernd. Doch das ist es nicht. Gitarrist Christoph Funabashi bringt seinen Schülern in einem Workshop die Kunst des musikalischen Improvisierens näher. „Für den Laien mag es so klingen, als würde bei einer Improvisation ,irgendwas’ gespielt, aber das ist nicht der Fall. Die Musiker wissen ganz genau, was sie spielen. Es ist Absicht, dass es so klingt.“

Zum Einstieg spielen alle einfach mal drauflos: Doch einige spielen einfach ein Stück: „Happy Birthday“. Es gehöre eben Mut dazu, sich in der Situation wohlzufühlen und einfach ohne Noten zu spielen, sagt Bassist Luca Butt, der zum zweiten Mal dabei ist. Ziel des Workshops ist es aber, laut Christoph Funabashi, dass die Schüler wissen, aus welchen Elementen das Lied „Happy Birthday“ besteht, dann aber nicht das Lied spielen, sondern nur die Bausteine verwenden. Das sei Improvisation.

„Es ist so ähnlich wie Komponieren, nur dass die Improvisation eine Komposition des Augenblicks ist“, sagt Christoph Funabashi. Deswegen könne das nicht jeder, schon gar nicht, wenn man noch am Anfang steht, man müsse sein Instrument schon gut kennen.

Auf der Basis kleiner Vorgaben versucht der Gitarrenlehrer, seine Schüler an die Thematik heranzuführen – spielerische Übungen mit Rhythmus, Ton und Klang. Mit den Elementen, aus welchen ein musikalisches Stück zusammengesetzt ist. Im Schulalltag kommt Improvisation immer zu kurz, deshalb bietet der Gitarrenlehrer den Workshop einmal jährlich an. Die Schüler lernen, aufeinander zu hören. Dies sei bei der Improvisation wichtig. Außerdem erweitern sie ihr Klangvokabular: Beim Improvisieren entwickle jeder Musiker eigene kleine Kurzmelodien, die sogenannten Licks, die er immer wieder einsetzt. Wie Vokabeln. Je mehr Vokabeln man kann, umso flüssiger kann man sich ausdrücken. So ist es in der Improvisation auch. „Improvisation ist eine Reise, man weiß nicht, was dabei herauskommt“, so Funabashi. Bei einer guten Unterhaltung weiß man das ja vorher auch nicht.